Franziskaner eröffnen Ausstellung in Jerusalem

Wie der Orden Kultur und Bildung im Heiligen Land prägte

Seit 800 Jahren sind die Franziskaner in Jerusalem aktiv. Die Mönche bewachen nicht nur Heilige Stätten und betreuen Pilger. Sie waren und sind auch ein starker Faktor im Kultur-, Bildungs- und Sozialleben der Stadt.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Perlenkreuz in der Ausstellung im Sankt-Salvator-Kloster in Jerusalem (Israel) / © Johannes Schidelko (KNA)
Perlenkreuz in der Ausstellung im Sankt-Salvator-Kloster in Jerusalem (Israel) / © Johannes Schidelko ( KNA )

Eine neue Ausstellung "Kloster, Pfarrei, Museum" im Sankt-Salvator-Kloster direkt am Neutor der Jerusalemer Altstadt beleuchtet einen mitunter vergessenen Bereich: Auf großen Schautafeln in Arabisch und Englisch und mit einigen Exponaten erfahren die Besucher seit Dienstag bis 25. Juli, was der Orden, den die Päpste 1342 offiziell mit der Bewahrung der christlichen Heiligen Stätten im Heiligen Land betraut haben, für das öffentliche und gesellschaftliche Leben in Jerusalem geleistet hat.

Seit 1217 im Heiligen Land

Schon 1217 kamen die ersten Franziskaner von Italien aus nach Akkon ins Heilige Land. Seit dieser Zeit leben und arbeiten sie an den Heiligen Stätten der Christenheit in Jerusalem, Bethlehem und vielen anderen Pilgerorten in Israel und Palästina.

Bereits seit dem 14. Jahrhundert habe es dank des Klosters eine medizinische Betreuung und Pflege durch Ärzte und Pharmazeutengegeben, beschreibt die Ausstellung. Später seien Arzneien und Substanzen aus Europa, Indien und Amerika mit einheimischenmedizinischen Pflanzen weiterentwickelt worden. Der von den Franziskanern im 17. Jahrhundert produzierte "Jerusalem-Balsam" warwegen seiner entzündungshemmenden, antioxidativen und antiseptischen Eigenschaften auch in Europa begehrt.

Zweite Druckerei in Jerusalem 

Seit dem 16. Jahrhundert hätten die Mönche Berufs- und Ausbildungsstätten für verschiedene Bereiche geschaffen. 1847 errichteten sie die zweite Druckerei in Jerusalem – kurz nach den Armeniern. Die erste Druckmaschine kam aus Leipzig. Und als erste druckten die Mönche auch arabische Texte. Dazu gehörten Schulbücher, Sprachbücher für unterschiedlichste Idiome, Pilgerführer und natürlich religiöse Literatur und liturgische Bücher. Doch die Druckpalette des umfangreichen Arbeits- und Lehrbetriebs umfasste auch Restaurant-Menus, Geschäftskarten, Poster oder Bahntickets – alles, was man damals im täglichen Leben brauchte.

Kleidung für Waisen

Eine nicht unwesentliche Rolle spielte auch die Schneiderei von Sankt Salvator. Hier wurden nicht nur Messgewänder, Altartücher und andere liturgische Textilien mitunter äußerst kunstvoll gefertigt und bei Bedarf ausgebessert. Auch Kinderkleidung wurde hier hergestellt, insbesondere für Waisenkinder. So befindet sich unter den Exponaten eine Singer-Nähmaschine aus dem 19. Jahrhundert.

Historische Nähmaschine der Firma Singer in der Ausstellung Kloster, Pfarrei, Museum im Sankt-Salvator-Kloster in Jerusalem / © Johannes Schidelko (KNA)
Historische Nähmaschine der Firma Singer in der Ausstellung Kloster, Pfarrei, Museum im Sankt-Salvator-Kloster in Jerusalem / © Johannes Schidelko ( KNA )

Die Ausstellung widmet sich natürlich auch der Seelsorge der Mönche. Ab 1622 bauten sie systematisch die Pfarrarbeit aus. Ende des 17. Jahrhundert habe es in jeder von den Franziskanern betreuten lateinischen Pfarrei einen arabischsprechenden Geistlichen gegeben. Taufen, Erstkommunionfeiern und Eheschließungen wurden systematisch in Registern erfasst. Und die Vielzahl der gemischten Hochzeiten zeuge von einer Koexistenz der verschiedenen christlichen Kirchen im Heiligen Land.

Gruppierungen und Kunst 

Auf Anregung insbesondere von Papst Pius XI. wurde in den 1930er Jahren auch in der Jerusalemer Sankt-Salvator-Pfarrei ein Vereinsleben gefördert. Es bildeten sich Gebetsgruppen, Jugendgruppen, Pfadfinder. Auch ein Chor und ein Blasorchester entstanden. Die "Saint Anthony's Band" wurde legendär.

Auch die lokale Kunst ist ein Thema der Ausstellung. Sie zeigt palästinensischen Hochzeitsschmuck und kunstvolle Perlenkreuze. DieFranziskaner-Kustodie besitzt 300 Ikonen, viele aus Russland, vom Balkan oder aus Äthiopien, aber auch im Land gefertigte. 

Vorbereitung auf eigenes Museum

Schon seit einiger Zeit werden alte Bestände und Dokumente von Sankt Salvator digitalisiert. Dazu gehören etwa die Apothekenarchive vom frühen 17. Jahrhundert bis 1913; gedruckte Bände über Medizin und Pharmazie aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert sowie die in der franziskanischen Druckerei in verschiedenen Sprachen erschienenen Bücher.

Die neue Ausstellung solle zeigen, wie sehr und wie lange die Christen mit Jerusalem verbunden, dort beheimatet sind und sie mitgeprägt haben – auch wenn ihre Präsenz in der aktuellen Entwicklung der Stadt mitunter ins Hintertreffen zu geraten drohe, so die Initiatoren. Die Schau versteht sich auch als Vorstufe und Vorbereitung eines eigenen "historischen Museums" der Franziskaner, das 2026 in der Kustodie eröffnet werden soll.

Franziskaner

Der heilige Franz von Assisi (1181/82-1226) gründete zwischen 1210 und 1220 den Orden der Franziskaner, der sich bis heute auf vielen Gebieten für Gerechtigkeit und Frieden einsetzt. Mit Suppenküchen und Kleiderkammern helfen die Patres und Brüder Menschen in Not. Außerdem leisten sie Seelsorge in Gefängnissen, Altenheimen und Krankenhäusern. In Initiativen und Menschenrechtsgruppen engagieren sich Franziskaner für Umweltschutz und eine gerechtere Wirtschaft.

Orden der Franziskaner / © Dr. Gilad Fiskus (shutterstock)
Orden der Franziskaner / © Dr. Gilad Fiskus ( shutterstock )
Quelle:
KNA