DOMRADIO.DE: Sie haben die Christen in Osteuropa besonders im Blick. Welche Rolle spielen die bei der Synode? Haben die eine Stimme?
Dr. Thomas Schwartz (Priester und Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis: Sie haben in der Tat eine große Stimme, weil von den europäischen Delegierten, die an dieser Synode teilnehmen, fast die Hälfte aus Osteuropa kommt. Hinzu kommen sehr viele sogenannte geschwisterliche Delegierte, also mehrheitlich Vertreter von orthodoxen Kirchen, die mit uns an den Tischen sitzen und diskutieren können.
DOMRADIO.DE: Es war schon im ersten Teil der Synode, vor einem Jahr, immer die Rede vom Heiligen Geist, dass er in den Gesprächen und Diskussionen der Synodenteilnehmer wirken möge. Wenn Sie auf die vergangene Woche zurückblicken: Gibt es eine Spiritualität der Synodalität?
Schwartz: Es ist zumindest so, dass wir uns sehr darum mühen, eine solche zu entwickeln. Denn das ist gar nicht so einfach, weil der Prozess der Synodalität etwas ist, was man wirklich nach und nach in die Kirche hineintragen und lernen muss. So muss man auch eine Spiritualität einüben. Dazu dienen natürlich auch die Regeln, die wir an den Tischen, im Gespräch im Geist, wie das so schön heißt, einzuhalten uns bemühen.
DOMRADIO.DE: Es gibt auch ökumenische Beobachter bei der Synode. Meistens denkt man da wohl an die evangelischen Christen, aber es sind auch Orthodoxe da. Warum eigentlich?
Schwartz: Weil die Orthodoxie in ihrer eigenen Vergangenheit, in ihrer Tradition und ihrer lebendigen Art und Weise des Wirkens sehr stark das Konzept der Synodalität seit Jahrtausenden pflegt und wir voneinander sicherlich in diesem Bereich sehr viel lernen können.
Wir versuchen gerade zu definieren, was das katholische Proprium, die katholische Eigenschaft dessen ist, was wir unter Synodalität verstehen? Das ist nicht unbedingt das, was die Orthodoxie und auch nicht das, was die evangelischen oder reformierten Kirchen darunter verstehen.
Das aber in einem Kontakt, in einem Austausch voneinander zu lernen, um selber seine eigene Position deutlicher definieren zu können, ist eine ganz wichtige Sache.
DOMRADIO.DE: Ist die Umsetzung der Regeln am Tisch akustisch schwierig? Die Tische sind sehr groß, kann man sich gut verstehen?
Schwartz: Häufiger wird dabei gefordert, "ad alta voce", also die Stimme zu erheben, damit man einen hört. Das ist ja etwas, was für die Kirche überhaupt notwendig ist. Aber an diesen runden Tischen wird das noch mal in besonderer Weise deutlich. Gerade wenn ein Vertreter, ein Delegierter oder eine Delegierte es gewohnt sind, leise zu sprechen, hört man nur schwierig den anderen. Deswegen wird immer mal wieder gesagt, sprich lauter, damit man dich hört.
DOMRADIO.DE: Ist die Kommunikationssprache italienisch?
Schwartz: Es gibt fünf Sprachen. Deutsch gehört nicht dazu. Ich bin in einer italienischen Sprachgruppe. Es gibt viele englischsprachige Gruppen. Dazu kommen noch französischsprachige, spanischsprachige und auch portugiesischsprachige Gruppen. In diesen fünf Sprachen kommunizieren wir auf der Synode. Die sind jeweils an diesen runden Tischen angeordnet, und zwar üblicherweise so, dass sich das nach ein paar Wochen immer wieder wechselt, um mit möglichst vielen ins Gespräch zu kommen.
DOMRADIO.DE: Gibt es eine Redeliste und einen Moderator am Tisch?
Schwartz: Ja, es gibt Moderatorinnen und Moderatoren, die gehören nicht der Synode selber an, sind also keine Mitglied der Synode, sondern Beauftragte für dieses Geschehen. Sie haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass man sich möglichst an die Regeln dieser Runden Tische hält. Dazu gehört beispielsweise, dass man in einem ersten Turnus jeden drei Minuten lang zu Wort kommen lässt.
Das gilt auch für den zweiten Turnus. Sie sind damit mehr oder minder erfolgreich. Ich erinnere mich, wenn so ein italienischer Kardinal mal anfängt zu reden, dann muss man ihn mit aller Freundlichkeit einzubremsen versuchen. Das gelingt nicht immer so einfach, aber meistens kommen sie doch zum Ziel.
DOMRADIO.DE: Die Moderatorinnen oder Moderatoren sind also zu nett?
Schwartz: Manchmal habe ich den Eindruck, dass sie zu viel Respekt vor den großen Namen haben, die dort an solch runden Tischen versammelt sind. Das ist auch für mich immer wieder etwas Beeindruckendes, wenn ich da an einen Tisch mit drei Kardinälen und etlichen Erzbischöfen zusammen sitze. Das ist nicht mein täglich Brot.
Andererseits lernt man sie von einer sehr menschlichen Seite kennen und merkt, dass auch in der katholischen Kirche, selbst bei den großen Tieren, nur mit Wasser gekocht wird.
Das Interview führte Tobias Fricke.