Sportseelsorgerin zieht nach der EM eine positive Bilanz

"Ein Turnier voller Emotionen"

Mit sieben Siegen in sieben Spielen ist Spanien Fußball-Europameister geworden. Die Sport- und Olympiaseelsorgerin Elisabeth Keilmann blickt auf das letzte Spiel und resümiert die Stimmung bei der Europameisterschaft in Deutschland.

Autor/in:
Carsten Döpp
Spaniens Joselu jubelt mit der Trophäe nach dem Sieg im Finale / © Tom Weller (dpa)
Spaniens Joselu jubelt mit der Trophäe nach dem Sieg im Finale / © Tom Weller ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sieben Spiele, sieben Siege: Ist mit Spanien dann tatsächlich auch die beste Mannschaft des Turniers Europameister geworden?

Elisabeth Keilmann, Sport- und Olympiaseelsorgerin der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), am 23. November 2018 in Bonn. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Elisabeth Keilmann, Sport- und Olympiaseelsorgerin der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), am 23. November 2018 in Bonn. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Elisabeth Keilmann (Sport- und Olympiaseelsorgerin der Deutschen Bischofskonferenz): Die Engländer waren gestern kämpferischer als in den Spielen zuvor. Aber Spanien war für mich das bessere Team und auch die beste Mannschaft des Turniers. Für mich ist die Mannschaft verdient Europameister geworden. Und das jetzt zum vierten Mal.

DOMRADIO.DE: Das ist neuer Europarekord. Deutschland war Gastgeber dieser EURO24 und hat die Rolle insgesamt gut erfüllt, mal abgesehen vom Wetter zwischendurch. Wie haben Sie unser Land in der Rolle des Gastgebers wahrgenommen?

Keilmann: Ich habe Deutschland als guten Gastgeber wahrgenommen. Ich meine, dass die Menschen sich hier willkommen und wohlgefühlt haben und mit vielen positiven Eindrücken auch wieder nach Hause gefahren sind. 

Elisabeth Keilmann

"Die Stimmung und Atmosphäre waren auf und neben dem Platz gut."

Unter dem Slogan "United by Football – Vereint im Herzen Europas" war die UEFA EURO24 für mich ein großes und bis auf ein paar Ausnahmen auch ein friedliches Fußballfest. Sehr viele Menschen haben dazu beigetragen. 

Ich denke da zum Beispiel auch an die 16.000 Volunteers, die in den Austragungsorten mit viel Leidenschaft und großem Engagement bei der Europameisterschaft geholfen haben. Die Stimmung und Atmosphäre waren auf und neben dem Platz gut.

DOMRADIO.DE: Bundestrainer Julian Nagelsmann hat beeindruckende Worte gefunden nach dem Ausscheiden des deutschen Teams. Er hat dieses neue Wir-Gefühl und den Gemeinsinn im Land betont. Hat sich Deutschland da im Zuge der EM positiv verändert?

Bundestrainer Julian Nagelsmann kämpft mit den Tränen bei der Abschluss-Pressekonferenz  / © Christian Charisius (dpa)
Bundestrainer Julian Nagelsmann kämpft mit den Tränen bei der Abschluss-Pressekonferenz / © Christian Charisius ( dpa )

Keilmann: Ich habe die Pressekonferenz mit Julian Nagelsmann auch zum Teil gesehen. Er richtet sich da sehr emotional an die Fans, die vereint hinter der Mannschaft standen und hat das "Wir" betont. Er spricht von der Symbiose zwischen Mannschaft und den Menschen im Land. 

Ob sich der Gemeinsinn in Deutschland wirklich durch die Europameisterschaft verändert hat, kann ich nicht beurteilen. Aber ich denke, dass es vielen Menschen wieder eine große Freude war, diesem Team zuzuschauen. Das war in den letzten Jahren nicht so, die Mannschaft hat sehr an Sympathien gewonnen.

DOMRADIO.DE: War es für Sie ein Sommermärchen 2.0?

Elisabeth Keilmann

"Wir können auf ein fröhliches Fußballfest mit spannenden Spielen und unvergesslichen Bildern zurückblicken."

Keilmann: Ja, ich erinnere mich noch gut an die Fußballweltmeisterschaft 2006. Nicht nur Deutschland erlebte ein Sommermärchen. Aber ich würde das ungern mit dieser Europameisterschaft vergleichen. Die Zeiten haben sich verändert und jedes Turnier hat seine eigene Geschichte. 

Wir können auf ein fröhliches Fußballfest mit spannenden Spielen und unvergesslichen Bildern zurückblicken. Es gab nicht nur die Fußballspiele in den vollen Stadien, sondern auch die Partystimmung in den Fanzonen und für mich neu die Fanmärsche. 

Ich denke noch an München. Vor dem Eröffnungsspiel war die Innenstadt fest in der Hand der schottischen Fans im Kilt. Mit Dudelsack haben sie ausgelassen und fröhlich gefeiert. Das war schon besonders. Es war ein Turnier voller Emotionen, schöner Momente und Begegnungen, die in Erinnerung bleiben.

Schottische Fans während der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland / © Matthias Balk (dpa)
Schottische Fans während der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland / © Matthias Balk ( dpa )

DOMRADIO.DE: Schauen wir noch mal auf dieses Deutschland-Spanien Spiel. Der englische Schiedsrichter Taylor stand massiv in der Kritik nach dem nichtgegebenen Elfmeter. Anschließend gab es sogar eine Petition an die UEFA, das Spiel zu wiederholen. Ist das übertrieben oder ist das in Ihren Augen nachvollziehbar, wenn die Fans so was machen?

Keilmann: Für die deutsche Mannschaft war das Aus nach diesem besagten Spiel sehr bitter. Die Szene sorgte für große Aufregung. War es ein Handspiel oder nicht? Ich bin keine Fußballexpertin, die das beurteilen kann. Ich hätte mir vielleicht gewünscht, dass der Videoschiedsrichter eingreift. Aber das Spiel zu wiederholen, hätte ich für übertrieben gehalten.

DOMRADIO.DE: Frankreich und England waren streckenweise sehr wenig offensivfreudig während des Turniers. Wie haben Sie diesen Defensivfußball erlebt?

Elisabeth Keilmann

"Fußballfans wollen eine Mannschaft sehen, die Tore schießt, die begeistert und mitreißt."

Keilmann: Frankreich und England haben in der Tat bis zum Halbfinale an ihrem defensiven Spielstil festgehalten. Im Mittelpunkt stand für sie das Ergebnis, das Weiterkommen. Das kann ich nachvollziehen, wenngleich ich als Zuschauerin oder Fußballfan mir mehr Offensive und Spannung gewünscht hätte.

Fußballfans wollen einfach auch eine Mannschaft sehen, gerade wenn so viele Top-Spieler mitspielen, die Tore schießt, die begeistert und mitreißt.

DOMRADIO.DE: Am Freitag in einer Woche geht es schon sportlich weiter mit den Olympischen Sommerspielen. Sie werden als Seelsorgerin das deutsche Team betreuen. Wie ist das mit Ihrer Vorfreude? Oder schwingt auch ein mulmiges Gefühl wegen der Sicherheitslage in Frankreich mit?

Notre Dame kurz vor den Olympischen Spielen (dpa)
Notre Dame kurz vor den Olympischen Spielen / ( dpa )

Keilmann: Ich freue mich sehr auf die Olympischen Spiele, zumal ich sie das erste Mal hautnah miterleben darf. Zugleich schwingt auch ein mulmiges Gefühl mit. Die Sicherheit stellt Frankreich vor großen Herausforderungen, wenn Tausende Athleten und riesige Menschenmengen vor Ort sind.

Paris hat schon mehrere Anschläge erlebt. Auch Olympische Spiele wurden in der Vergangenheit schon angegriffen. Von daher wünsche ich mir nicht nur spannende und faire Wettkämpfe, sondern auch friedliche Spiele und ein gutes Miteinander aller Beteiligten.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Sport- und Olympiaseelsorge

Die deutsche Olympiamannschaft wird seit mehr als 50 Jahren bei Sommer- und Winterspielen von einem ökumenischen Seelsorgerteam begleitet. Ein katholischer und ein evangelischer Geistlicher bieten den Athleten, Trainern und Betreuern Gesprächsmöglichkeiten und Gottesdienstbesuche an. Auch bei den Paralympischen Spielen stellen die beiden großen Kirchen ein Seelsorgerteam, das den Sportlern mit Behinderung zur Seite steht. Bei den Universiaden, den Weltsportspielen der Studenten, reisen meist ebenfalls Seelsorger mit.

Zuschauerin bei den olympischen Spielen / © Hendrik Schmidt (dpa)
Zuschauerin bei den olympischen Spielen / © Hendrik Schmidt ( dpa )
Quelle:
DR