DOMRADIO.DE: Wie ist das bei Ihnen, müssen Sie jetzt jemanden ohne Impf- und Genesenen-Nachweis melden?
Marc Stutenbäumer (Hausleiter im Seniorenhaus Heilige Drei Könige in Köln-Ehrenfeld): Wir haben tatsächlich von 65 Mitarbeitenden zwei, die wir nicht überzeugen konnten, sich impfen zu lassen. Da sind wir noch in Gesprächen. Wir haben ja noch laut Infektionsschutzgesetz bis zum 31. März Zeit. Aber die Argumente sind uns ein bisschen ausgegangen, beziehungsweise haben wir die Mitarbeiter nicht erreicht. Alles, was evidenzbasiert ist, haben wir ihnen gesagt und sie auch versucht, menschlich zu erreichen. Aber zwei von 65 wollen sich nicht impfen lassen und die muss ich dann beim Gesundheitsamt melden.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet das dann? Dürfen denn Ungeimpfte gar nicht mehr bei ihnen arbeiten?
Stutenbäumer: Jetzt geht es erst mal um den Melde-Weg. Das heißt, es gibt auf der Seite des Gesundheitsamtes der Stadt Köln ein Meldeformular, in dem ich dann den Immunitäts-Status der Mitarbeiter angebe oder eben die Mitarbeiter melde, die nicht immun sind, also nicht geimpft und nicht genesen sind. Und dann liegt das erst mal beim Gesundheitsamt. Die wiederum haben dann bis zum Juni Zeit, das zu prüfen und dann gegebenenfalls ein Betretungsverbot den Mitarbeitern auszusprechen. Wir müssen dann gucken, wie wir das arbeitsrechtlich umsetzen. Das ist noch ein bisschen eine Grauzone: ob die Mitarbeiter dann sozusagen freigestellt sind, also so was wie unbezahlten Urlaub bekommen. Da muss man noch gucken, wie sich die Situation arbeitsrechtlich bis dahin entwickelt.
DOMRADIO.DE: Wie ist denn bei Ihnen im Haus generell die Corona-Lage derzeit? Wie sieht der Alltag aus?
Stutenbäumer: Die Inzidenz ist gerade um 1900 in Köln. Das fliegt uns hier gerade um die Ohren. Wir haben einige positiv getestete Bewohner. Das ist durch die Impfung Gott sei Dank ein nicht mehr so angstbesetztes Thema. Wir hatten in der ungeimpften Zeit hier überhaupt keine Fälle. Jetzt haben wir die auch dank der hohen Inzidenz. Den Bewohnern geht es aber allen gut, die haben Erkältungssymptome. Bisher haben wir keine schweren Verläufe, das gleiche natürlich bei den Mitarbeitern. Da ist es so, dass die dann natürlich nicht arbeiten dürfen, wenn sie infiziert sind. Das heißt, sie müssen in die häusliche Isolation für mindestens sieben Tage. Wenn sie dann zwei Tage keine Symptome haben, können sie sich frei testen lassen.
Aber Sie können sich das vorstellen: Die Situation stellt uns vor allen Dingen in der Dienstplan-Besetzung, also in der Versorgung der Bewohner, vor unglaubliche Herausforderungen. Ich arbeite jetzt gerade seit Mittwoch durch. Denn auch am Wochenende gibt es immer weiter Sachen zu koordinieren, Schutz-Materialien müssen besorgt oder herausgegeben werden, weil Kollegen Unterstützung brauchen, sowohl im Haus-Service, aber vor allem natürlich in der Pflege. Denn es ist ein unglaublicher Aufwand, Schutzausrüstung anzulegen und die Maßgaben zur Desinfektion zu beachten, die Schutzkleidung zu entsorgen, dann zum nächsten Bewohner zu gehen und so weiter. Also, das ist gerade ein Zwischen-Sprint in einem Marathon, den wir ja sowieso schon zwei Jahren hier machen.
DOMRADIO.DE: Wenn wir jetzt noch mal kurz auf das Thema Impfpflicht gucken. Ganz am Anfang der Pandemie haben Sie uns im Interview gesagt, Sie halten nichts von einer allgemeinen Impfpflicht. Wie stehen Sie jetzt zu dieser einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Bereich Gesundheit und Pflege?
Stutenbäumer: Na ja, alle Argumente liegen auf dem Tisch. Und entweder man glaubt an evidenzbasierte Dinge, also an das, was Wissenschaft erklärt und versucht deutlich zu machen. Da gibt es ja mittlerweile einen sehr großen Datenpool, auf den wir zurückgreifen können. Ich finde, dass Mitarbeiter, die sich entschieden haben, in der Gesundheitsversorgung zu arbeiten, da auch eine besondere Verantwortung haben. Wir sind jetzt seit über zwei Jahren in dieser Pandemie und jeder konnte sich informieren. Und trotzdem ist es eine sehr persönliche Entscheidung, sich impfen zu lassen - aber mit dieser Entscheidung, es nicht zu tun, dann auch die Konsequenz zu tragen, dass man die besonders vulnerable Gruppe in der Bevölkerung eben nicht versorgen darf.
Das Interview führte Julia Reck.