Bischöfe wollen sich mit Zahlungen für Missbrauchsopfer befassen

Unterschiedliche Summen und Verfahren im Gespräch

 Die katholischen Bischöfe ringen weiter um ein Verfahren zur Entschädigung von Missbrauchsopfern. Die Richtungsentscheidung könnte bei der Frühjahrsvollversammlung fallen.

Symbolbild Geld und Kirche / © Freedom Studio (shutterstock)
Symbolbild Geld und Kirche / © Freedom Studio ( shutterstock )

Als der Sprecher der Opferinitiative "Eckiger Tisch" im September 2019 zwei Entschädigungsmodelle für Missbrauchsopfer vorstellte, war das ein Paukenschlag: Die Betroffenen sollten sechsstellige Summen bis zu 400.000 Euro erhalten, so sahen es Empfehlungen vor, die Matthias Katsch und andere in einer "Unabhängigen Arbeitsgruppe" im Auftrag der Bischofskonferenz erarbeitet hatten.

Woher sollen die Mittel kommen?

Bischof Stefan Ackermann erklärte damals als Missbrauchsbeauftragter der Bischofskonferenz, die Bischöfe hätten sich darauf geeinigt, das bisherige Anerkennungssystem zu einem Entschädigungs-Verfahren weiterzuentwickeln. Zugleich betonte er, über Summen hätten die Kirchenvertreter nicht gesprochen. Schnell wurde klar, dass bei der im Papier genannten Summe ein Milliardenbetrag auf die katholische Kirche in Deutschland zukommen würde. Es folgte eine Debatte darüber, woher die Mittel kommen sollten.

Rund fünf Monate später könnten die Bischöfe in der kommenden Woche bei ihrer am Montag beginnenden Frühjahrsvollversammlung in Mainz nun eine Richtungsentscheidung treffen. Nach Recherchen der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" soll ein von Ackermann geleitetes Gremium bis dahin eine Reform des Systems ausarbeiten, die stark von den Empfehlungen abweicht.

Von Zahlungen in Höhe eines mittleren fünfstelligen Betrags ist nun die Rede. Das wäre sehr viel mehr als bisher - derzeit wird im Regelfall eine Anerkennungszahlung von 5.000 Euro geleistet. Aber eben auch sehr viel weniger, als die Empfehlungen der Arbeitsgruppe vorsahen: Sie stellte zwei Modelle vor, die zum einen eine pauschale Summe von 300.000 Euro und zum anderen Zahlungen je nach Schwere der Fälle in einem Korridor von 40.000 bis 400.000 Euro vorsehen.

Wie sollen die Zahlungne genannt werden?

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode erklärte am Mittwoch, es könne auf ein System hinauslaufen, bei dem es um Summen gehe, die sich mehr am staatlichen Rechtssystem und dort üblichen Entschädigungszahlungen orientieren. Konkrete Zahlen nannte er nicht.

Umstritten ist auch die Bezeichnung der Unterstützungsleistung: Laut "Christ & Welt" soll es bei einer "Anerkennungs"-Zahlung bleiben. Die Arbeitsgruppe hatte hingegen den Begriff Entschädigung verwandt. "Das ist nicht nur eine terminologische oder rechtstechnische Frage", sagte der Bayreuther Verfassungsrechtler Stephan Rixen, der mit Katsch in der Arbeitsgruppe saß, auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Hinter der Rede von "Anerkennungsleistunge" verberge sich ein kirchlicher Unschuldskomplex, der Opfern eine Art mildtätigen Gnadenakt gewähre, statt anzuerkennen, dass sie einen Rechtsanspruch auf Ausgleich der Tatfolgen hätten, meint er.

Ob und in welcher Höhe jemand anspruchsberechtigt ist, soll eine unabhängige Kommission entscheiden. Derzeit berät darüber die Zentrale Koordinierungsstelle, die bei der Bischofskonferenz angesiedelt ist. Sie spricht lediglich Empfehlungen aus, an die sich die Bistümer aber nicht halten müssen.

Fonds-Lösung offenbar vom Tisch 

Weil manche Bistümer und Ordensgemeinschaften sehr viel knappere Finanzmittel haben als andere, hatte sich die Arbeitsgruppe um Katsch und Rixen zudem für eine Fonds-Lösung ausgesprochen. Auch der Berliner Generalvikar Manfred Kollig hatte in einem KNA-Interview dafür plädiert. Eine solche Lösung scheint offenbar vom Tisch - zumal einzelne Bistümer wie Freiburg bereits mit monatlichen Unterstützungszahlungen begonnen haben.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, drängt zu einer schnellen Entscheidung. Er spricht mit Blick auf die Entschädigung von "einer klaffenden Wunde für Betroffene". Wenn die Bischöfe hierzu nicht zügig einen Durchbruch erzielen, sollten sich die Spitzen der Bundespolitik hinter "die berechtigten Interessen der Missbrauchsopfer stellen", meinte er auf Anfrage.

Kaum strittig scheint dagegen ein anderes Thema sein: die Standards zur Aufarbeitung von Missbrauch. Im November einigte sich Ackermann und Rörig dazu auf ein Eckpunktepapier. Das Papier, das die Berufung unabhängiger Kommissionen zur Aufarbeitung in den Bistümern, die Herausgabe von Akten sowie die Beteiligung von Betroffenen vorsieht, liege nun den Bischöfen vor.

Von Birgit Wilke


Quelle:
KNA
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