DOMRADIO.DE: Wir haben zuletzt schon gehört, dass Franziskus weder im Vatikan beigesetzt werden möchte noch in einem dreifachen Sarg. Haben Sie in der neuen Veröffentlichung weitere neue, ungewöhnliche Beerdigungswünsche entdeckt?
Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Ja, es gibt eine ganze Reihe Änderungen. Die alle aufzuzählen, würde den Rahmen unseres Gespräches sprengen. Aber es gibt Sachen, die früher schon üblich waren.
Es wurden beispielsweise nicht alle Päpste im Petersdom beerdigt. Pius IX. wurde in der römischen Basilika San Lorenzo beerdigt, Leo XIII. in der Lateranbasilika. Das ist also nichts Neues, dass ein Papst nicht im Petersdom beerdigt werden möchte, aber die Art und Weise der Beisetzung, oder der Aufbahrung haben sich gewaltig geändert.
DOMRADIO.DE: Bleiben wir bei der Aufbahrung. Wie hat sie sich in den Jahren entwickelt?
Nersinger: Bis 1963 wurde der Papst auf einem sehr hohen Katafalk aufgebahrt, damit die Gläubigen ihn auch besuchen, verehren und sich seiner erinnern konnten. Das war bis Johannes XXIII. Ein meterhoher Katafalk, umgeben von vielen Leuchtern, inmitten päpstlicher Garden. Das war auch der Zeitgeschmack.
Das hat man dann aber unter Paul VI. geändert. Er hat die Aufbahrung auch beibehalten, aber sie etwas reduziert, sie etwas flacher gehalten, um es salopp auszudrücken. Das war bis zum heutigen Tage üblich. Auch Benedikt XVI. wurde so aufgebahrt.
DOMRADIO.DE: Zum Teil durften die Gläubigen die Päpste sogar berühren, oder?
Nersinger: Ganz früher wurden die Päpste nicht aufgebahrt. Das ist erst unter Pius XII. geschehen. Davor wurde er noch nicht auf einem hohen Katafalk aufgebahrt, sondern in der Sakramentskapelle des Petersdoms. Und zwar so, dass sie mit den Füßen zum Gitter, das die Kapelle abschloss, gelegt wurden. Sie berührten das Gitter oder hingen sogar darüber hinaus, damit die Gläubigen die Füße des Papstes berühren konnten.
DOMRADIO.DE: Wie genau stellt sich denn nun Franziskus seine Aufbahrung vor?
Nersinger: Früher wurden die Päpste in drei Särgen beerdigt. Das klingt vielleicht etwas seltsam, aber wenn man das erklärt, erscheint das im historischen Kontext vernünftig. Franziskus hat das alles stark reduziert und geändert; er wünscht die Beisetzung in nur einem Sarg.
DOMRADIO.DE: Franziskus hat sehr klare Vorstellungen, wie er sich seine Beisetzung wünscht. Was ist denn konkret da jetzt schon bekannt? Was können Sie sagen?
Nersinger: Erstmal verschwinden die drei Särge, dann werden verschiedene Persönlichkeiten, die traditionell immer anwesend waren, nicht mehr zu den verschiedenen Vorgängen erscheinen. Er wird auch nicht mehr im Apostolischen Palast aufgebahrt.
Er liegt auch nicht mehr auf einem Katafalk, sondern in einem Sarg und auch der Hirtenstab soll nicht neben ihn gelegt werden. Das war früher alles noch entscheidend.
DOMRADIO.DE: Er begründet diese Änderung mit seinem Wunsch, am Ende seines Lebens als Mensch und nicht als Amtsinhaber wahrgenommen zu werden. Was sagen Sie dazu?
Nersinger: Ich kann mich damit nicht anfreunden, denn Aufbahrung und Beisetzung eines Papstes gehören zum Leben der Kirche und beschließen demonstrativ ein Kapitel der Kirchengeschichte. Man kann das Amt des Papstes auch nicht so einfach von der Person trennen. Auch die verschiedenen Ämter, die der Papst dann noch innehat. Es gibt einen Kollegen, der spricht von einer Geschichtsvergessenheit, von einer Privatisierung des Papsttums. Und er sagt auch, dass der Papst par ordre du mufti auch für die nächsten Papstgenerationen etwas vorgibt, was dann noch sehr autokratisch wirkt.
Was außerdem befremdlich ist, ist, dass der Papst fast zeitgleich ein Dokument verfasst hat, das sich gegen die Geschichtsvergessenheit in der Kirche wendet. Also zum besseren Studium der Kirchengeschichte auffordert. Und wie das dann mit einem solchen Akt der Vereinfachung oder der Abschaffung von Riten zusammenkommt, erschließt sich mir einfach nicht.
DOMRADIO.DE: Auch wenn Sie das nicht nachvollziehen können. Was könnten denn seine Gründe sein?
Nersinger: Ich stecke nicht im Heiligen Vater. Ich kann das nicht erklären. Natürlich huldigt man damit auch ein bisschen dem jetzigen Zeitgeist. Aber das ist genau das, was der Papst in einem anderen Schreiben nicht wollte. Ich denke, dass man dem Amt damit ein bisschen was vom Verständnis der Geschichte und von der Tradition unnötig wegnimmt.
Man hätte diese schwierigen Riten, die es immer gab, einfach erklären müssen. Das wäre jetzt der bessere Schritt gewesen, als das in Bausch und Bogen über Bord zu werfen.
Das Interview führte Carsten Döpp.