Vatikanexperte erklärt Beerdigungsriten verstorbener Päpste

"Früher wurden die Päpste in drei Särgen beerdigt"

Seit seiner Wahl im März 2013 hat Papst Franziskus den mit seinem Amt verbundenen Pomp reduziert. Auch das Beerdigungsritual wird zukünftig vereinfacht. Vatikanexperte Ulrich Nersinger kann das nicht nachvollziehen.

Autor/in:
Carsten Döpp
Blick von oben auf Sargträger mit Holzsarg von Papst Benedikt XVI. am 5. Januar 2023, während der Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz im Vatikan / © Chris Warde-Jones/CNS photo (KNA)
Blick von oben auf Sargträger mit Holzsarg von Papst Benedikt XVI. am 5. Januar 2023, während der Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz im Vatikan / © Chris Warde-Jones/CNS photo ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wir haben zuletzt schon gehört, dass Franziskus weder im Vatikan beigesetzt werden möchte noch in einem dreifachen Sarg. Haben Sie in der neuen Veröffentlichung weitere neue, ungewöhnliche Beerdigungswünsche entdeckt? 

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Ja, es gibt eine ganze Reihe Änderungen. Die alle aufzuzählen, würde den Rahmen unseres Gespräches sprengen. Aber es gibt Sachen, die früher schon üblich waren. 

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Es wurden beispielsweise nicht alle Päpste im Petersdom beerdigt. Pius IX. wurde in der römischen Basilika San Lorenzo beerdigt, Leo XIII. in der Lateranbasilika. Das ist also nichts Neues, dass ein Papst nicht im Petersdom beerdigt werden möchte, aber die Art und Weise der Beisetzung, oder der Aufbahrung haben sich gewaltig geändert. 

DOMRADIO.DE: Bleiben wir bei der Aufbahrung. Wie hat sie sich in den Jahren entwickelt?

Nersinger: Bis 1963 wurde der Papst auf einem sehr hohen Katafalk aufgebahrt, damit die Gläubigen ihn auch besuchen, verehren und sich seiner erinnern konnten. Das war bis Johannes XXIII. Ein meterhoher Katafalk, umgeben von vielen Leuchtern, inmitten päpstlicher Garden. Das war auch der Zeitgeschmack. 

Der verstorbene emeritierte Papst Benedikt XVI. wird im Petersdom aufgebahrt. Manche Menschen finden diese Bilder pietätlos. Jedoch gibt es auch Lob für diese Art des Abschiednehmens / © Oliver Weiken (dpa)
Der verstorbene emeritierte Papst Benedikt XVI. wird im Petersdom aufgebahrt. Manche Menschen finden diese Bilder pietätlos. Jedoch gibt es auch Lob für diese Art des Abschiednehmens / © Oliver Weiken ( dpa )

Das hat man dann aber unter Paul VI. geändert. Er hat die Aufbahrung auch beibehalten, aber sie etwas reduziert, sie etwas flacher gehalten, um es salopp auszudrücken. Das war bis zum heutigen Tage üblich. Auch Benedikt XVI. wurde so aufgebahrt.

DOMRADIO.DE: Zum Teil durften die Gläubigen die Päpste sogar berühren, oder? 

Nersinger: Ganz früher wurden die Päpste nicht aufgebahrt. Das ist erst unter Pius XII. geschehen. Davor wurde er noch nicht auf einem hohen Katafalk aufgebahrt, sondern in der Sakramentskapelle des Petersdoms. Und zwar so, dass sie mit den Füßen zum Gitter, das die Kapelle abschloss, gelegt wurden. Sie berührten das Gitter oder hingen sogar darüber hinaus, damit die Gläubigen die Füße des Papstes berühren konnten.

Ulrich Nersinger

"Früher wurden die Päpste in drei Särgen beerdigt."

DOMRADIO.DE: Wie genau stellt sich denn nun Franziskus seine Aufbahrung vor? 

Nersinger: Früher wurden die Päpste in drei Särgen beerdigt. Das klingt vielleicht etwas seltsam, aber wenn man das erklärt, erscheint das im historischen Kontext vernünftig. Franziskus hat das alles stark reduziert und geändert; er wünscht die Beisetzung in nur einem Sarg.

DOMRADIO.DE: Franziskus hat sehr klare Vorstellungen, wie er sich seine Beisetzung wünscht. Was ist denn konkret da jetzt schon bekannt? Was können Sie sagen? 

Nersinger: Erstmal verschwinden die drei Särge, dann werden verschiedene Persönlichkeiten, die traditionell immer anwesend waren, nicht mehr zu den verschiedenen Vorgängen erscheinen. Er wird auch nicht mehr im Apostolischen Palast aufgebahrt. 

Am ersten Tag der Aufbahrung vom emeritierten Papst Benedikt XVI. kamen 65.000 Menschen um sich zu verabschieden / © Romano Siciliani (KNA)
Am ersten Tag der Aufbahrung vom emeritierten Papst Benedikt XVI. kamen 65.000 Menschen um sich zu verabschieden / © Romano Siciliani ( KNA )

Er liegt auch nicht mehr auf einem Katafalk, sondern in einem Sarg und auch der Hirtenstab soll nicht neben ihn gelegt werden. Das war früher alles noch entscheidend. 

DOMRADIO.DE: Er begründet diese Änderung mit seinem Wunsch, am Ende seines Lebens als Mensch und nicht als Amtsinhaber wahrgenommen zu werden. Was sagen Sie dazu? 

Nersinger: Ich kann mich damit nicht anfreunden, denn Aufbahrung und Beisetzung eines Papstes gehören zum Leben der Kirche und beschließen demonstrativ ein Kapitel der Kirchengeschichte. Man kann das Amt des Papstes auch nicht so einfach von der Person trennen. Auch die verschiedenen Ämter, die der Papst dann noch innehat. Es gibt einen Kollegen, der spricht von einer Geschichtsvergessenheit, von einer Privatisierung des Papsttums. Und er sagt auch, dass der Papst par ordre du mufti auch für die nächsten Papstgenerationen etwas vorgibt, was dann noch sehr autokratisch wirkt. 

Was außerdem befremdlich ist, ist, dass der Papst fast zeitgleich ein Dokument verfasst hat, das sich gegen die Geschichtsvergessenheit in der Kirche wendet. Also zum besseren Studium der Kirchengeschichte auffordert. Und wie das dann mit einem solchen Akt der Vereinfachung oder der Abschaffung von Riten zusammenkommt, erschließt sich mir einfach nicht.

Ulrich Nersinger

"Ich stecke nicht im Heiligen Vater. Ich kann das nicht erklären."

DOMRADIO.DE: Auch wenn Sie das nicht nachvollziehen können. Was könnten denn seine Gründe sein?

Nersinger: Ich stecke nicht im Heiligen Vater. Ich kann das nicht erklären. Natürlich huldigt man damit auch ein bisschen dem jetzigen Zeitgeist. Aber das ist genau das, was der Papst in einem anderen Schreiben nicht wollte. Ich denke, dass man dem Amt damit ein bisschen was vom Verständnis der Geschichte und von der Tradition unnötig wegnimmt. 

Man hätte diese schwierigen Riten, die es immer gab, einfach erklären müssen. Das wäre jetzt der bessere Schritt gewesen, als das in Bausch und Bogen über Bord zu werfen.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Tipps für eine Beerdigung ohne Pannen

Eine Beisetzung ist für Hinterbliebene ein ganz besonderer Moment. Damit Trauerfeier und Bestattung in guter Erinnerung bleiben, haben Experten ein paar Tipps:

- Stimmt die Chemie? Angehörige sollten im persönlichen Umgang mit dem Bestatter herausfinden, ob sie sich bei diesem gut aufgehoben fühlen, empfiehlt der Bestatter Davit Roth. Ihnen sollte Empathie und Verständnis entgegengebracht werden, Wünsche sollten berücksichtigt werden.

Die Zahl derer, die ihre eigene Beerdigung vorbereiten, wächst / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Zahl derer, die ihre eigene Beerdigung vorbereiten, wächst / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR