Wie der Vatikan auf ökologische Landwirtschaft setzt

"Die Produkte haben höchste Qualität"

Der Vatikan pflegt seit Jahrhunderten die Biolandwirtschaft. Zwar hat der Wein lange Zeit nach Essig geschmeckt, doch letztendlich hat sich der gute Geschmack von Päpsten durchgesetzt. Vatikanexperte Ulrich Nersinger klärt auf.

Päpstlicher Weinberg in Castel Gandolfo / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Päpstlicher Weinberg in Castel Gandolfo / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wann hat das mit dem Ökolandbau angefangen?

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Ulrich Nersinger (Vatikanjournalist und Buchautor): Relativ spät. In der Antike haben wir einen ganz berühmten spöttischen Spruch des römischen Dichters Martial: "Wenn du vatikanischen Wein trinkst, dann trinkst du Gift. Wenn du Essig gerne hast, dann magst du dieses Getränk zu dir nehmen." Das hat sich, was den Wein betrifft, beibehalten.

Weinberg von Papst Leo XIII. (DR)
Weinberg von Papst Leo XIII. / ( DR )

Leo XIII. hat dann später mal Weingärten im Vatikan angelegt. Die waren aber nicht besonders ergiebig und was da rauskam, war auch nicht besonders schmackhaft. Pius XI. hat diese Weinberge im 20. Jahrhundert dann abholzen lassen. Man hat damals gesagt, dass man das aus Respekt dem Vorgänger gegenüber nicht machen könnte. Er erwiderte: "Naja, Sie haben den Wein auch nicht trinken müssen."

Ulrich Nersinger

"Das hatte sich dann beispielsweise 1986 bewährt, als es in Tschnernobyl den Super-Gau gab."

Ansätze vom ökologisch ausgerichteten Anbau gab es im 13. Jahrhundert. Da haben die Päpste erstmals einen Obstgarten angelegt. Zudem hatte man die Erlaubnis erteilt, einen Kräutergarten für den päpstlichen Leibarzt anzulegen, der der erste botanische Garten Italiens war. Was den ökologischen Anbau angeht, da müssen wir auf das Jahr 1930 schauen. Nach der Gründung des Vatikanstaates ließ Pius XI. in Castel Gandolfo einen Bauernhof errichten. Und dieser Bauernhof muss von Anfang an die höchsten Ansprüche erfüllt haben.

Der Gemüsegarten des päpstlichen Bauernhofs in Castel Gandolfo / © Stefano dal Pozzolo (KNA)
Der Gemüsegarten des päpstlichen Bauernhofs in Castel Gandolfo / © Stefano dal Pozzolo ( KNA )

Es gab sehr viele Besuche von ausländischen Organisationen, der Bauernhof bekam sogar Medaillen und diese Arbeit wurde dann immer stärker gefördert. Das hatte sich beispielsweise 1986 bewährt, als es in Tschnernobyl den Super-Gau gab und eine radioaktive Wolke den Himmel über ganz Europa bedeckt hatte. Da waren die Stroh- und Heuvorräte aus Castel Gandolfo längst versiegelt gewesen, so dass man in Italien die Vorräte für die Milchkühe bedenkenlos benutzen konnte. Die Milch, die von diesen Kühe gegeben wurde, wurde dann an werdende Mütter und an Babys verteilt.

DOMRADIO.DE: Welcher Papst war besonders begeistert vom Öko-Anbau?

Nersinger: Wir können durchaus sagen, dass die Anfänge schon bei Pius XI. lagen. Vielleicht gab es sie aber auch noch früher. Urban VIII., der im 17. Jahrhundert regierte, hatte als Wappentier die Biene gewählt. Und er hat in Castel Gandolfo die Bienenzucht eingeführt, die es bis zum heutigen Tage gibt.

DOMRADIO.DE: Also gibt es Obst, Kräuter, Honig, Wein. Ist die Produktion dann auch immer bio?

Ulrich Nersinger

"Die Päpste haben da große Verdienste erworben, übrigens nicht nur in Castel Gandolfo."

Nersinger: Heute ist die sogenannte "fattoria pontificie", die Landwirtschaft des Vatikan in Castel Gandolfo, ganz auf Bio ausgerichtet. Es gibt Kontrollen und Untersuchungen und die Produkte haben immer die höchste Qualität. Der jetzige Heilige Vater hat nicht umsonst in Castel Gandolfo ein Institut für ökologische Forschung und Lebensweise errichtet. Ich denke, das hängt sehr eng zusammen. Die Päpste haben sich da große Verdienste erworben, übrigens nicht nur in Castel Gandolfo.

Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan (DR)
Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan / ( DR )

Johannes Paul II. hatte ja das Kloster Mater Ecclesiae angelegt. Wir kennen das als Ort, wo der emeritierte Papst lebte. Auch dort hatten Schwestern Obst und verschiedene Früchte, Kartoffeln und alles Mögliche angebaut. Alles nach sehr strengen Vorgaben. Und das landete dann auch auf dem Mittagstisch des Heiligen Vaters.

DOMRADIO.DE: Das heißt, Papst Franziskus steht dem Thema Öko-Anbau auch sehr positiv gegenüber?

Nersinger: Ja, und das kommt nicht nur auf seinen eigenen Tisch, sondern auch auf den der Angestellten, der Kardinäle, der Prälaten. Man bekommt die Produkte von Castel Gandolfo im vatikanischen Supermarkt. Und sie werden auch genutzt. Es gibt verschiedene Hilfsorganisationen im Vatikan. Es gibt eine Müttervorsorge, ein Armenhaus und alles Mögliche. Und dort gibt es auch diese Produkte.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Castel Gandolfo

Die Päpstliche Sommerresidenz oberhalb des Albaner Sees umfasst drei Villen sowie Park- und Gartenanlagen. Die gesamte Anlage gehört zum extraterritorialen Besitz des Heiligen Stuhls.

Mit einer Fläche von 55 Hektar ist sie größer als der Vatikanstaat am Tiber.

Anders als seine Vorgänger verzichtet Papst Franziskus auf Aufenthalte in Castel Gandolfo und hat das Gelände und den Palast stattdessen sukzessive für Touristen geöffnet. (kna)

 

Päpstliche Gärten in Castel Gandolfo / © Stefano dal Pozzolo (KNA)
Päpstliche Gärten in Castel Gandolfo / © Stefano dal Pozzolo ( KNA )
Quelle:
DR